Mi 22. Nov 2017

Ausweitung der Grauzone

Die FPÖ Oberösterreich hat einen neuen Coup gelandet über den man laut lachen möchte – wenn einem nicht die Luft vor Erstaunen weg bliebe.

Wohnbaureferent und FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner hat bei einer Pressekonferenz die Novelle des Wohnbaufördergsgesetzes präsentiert. “Zielsetzung der neuen Regelung“, so heißt es in der Presseunterlage,ist ein restriktiverer Zugang von Nicht-EWR-Bürgern zu Wohnbeihilfe, Wohnbauförderung und mit Wohnbaufördermitteln errichteten Wohnungen zum Ziel.” (sic). Menschen die nicht aus einem Land des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) kommen müssen nun Deutschkenntnisse und längere Sozialversicherungszeiten (54 statt bisher 36 Monate) nachweisen. Man merkt der Novelle an, dass die Verfasser*innen eigentlich sehr viel weiter gehen wollten, aber Menschen aus dem EWR-Raum sind nun mal in vielem den Einheimischen gleichgestellt. Also geht man auf jene los, die diesen Status nicht genießen. Irgendwo muss man ja hin mit seiner Fremdenfeindlichkeit. Und als Gruß an die Wähler*innenschaft taugt so eine Novelle allemal.

Jetzt ist es aber so, dass die Novelle bei Anwendung einschlägiger Bestimmungen (Daueraufenthaltsrichtlinie 2003/109/EG, Statusrichtlinie für anerkannte Asylwerber*innen 2011/95/EU, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz) praktisch keine Veränderung zur bisherigen Rechtslage bringen würde.

Also wieder mal reine Symbolpolitik? Eher nicht, befürchte ich. Denn was mit dieser Novelle erreicht wird, ist eine Zunahme der Rechtsunsicherheit. Die juristische Grauzone in der sich Antragsteller*innen und Beamt*innen nun befinden, wird ausgeweitet. Ab nun hängt der Ausgang von Ansuchen davon ab, ob die Antragsteller*innen detaillierte Kenntnisse des einschlägigen Unionsrechts haben und ob die vollziehenden Beamt*innen auch gewillt sind EU-rechtliche Bestimmungen anzuwenden. Ob oberösterreichischen Landesbeamt*innen oberösterreichische Gesetze näher sind als (übergeordnete) EU-Gesetze vermag ich nicht zu beurteilen. Wirklich gute Stimmung dürfte in der Amtsstube wohl nicht aufkommen, wenn Beamt*innen sich ständig gegen den bekundeten Willen der Landesregierung stellen, in dem sie EU-Recht anwenden.

Was hier relativ unverhohlen versucht wird ist, die herrschende Rechtslage zu unterlaufen. Die einmal beschlossenen Maßnahmen und Gesetze passen nun einmal nicht mehr zum neuen Geist, der nun durch Oberösterreich weht. Revolutionärer Schutt der wohl aus Sicht der schwarz-blauen Regierung entsorgt gehört. Genauso wie das Integrationsleitbild des Landes Oberösterreich, auf Seite 77 heißt es da: „Der Zugang und die Sicherung von geeignetem Wohnraum bildet eine der Grundlagen von Integration“.

Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Der Klageverband, eine Einrichtung, die Menschen vor Diskriminierung schützen soll, wird dem Vernehmen nach die erste Gelegenheit nutzen, um das novellierte Wohnbauförderungsgesetz – so es kommt – anzufechten, um auch in Oberösterreich wieder einen mit Gleichbehandlungsgebot und Menschenrechten kompatiblen Zustand herzustellen.

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