Flagge Albaniens Flagge Albaniens
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Reise! Reise!

Wandervögel in Albanien

Heute lassen wir uns von jungen Menschen ein Stück Albanien zeigen. Mit Zelt und Rucksack wandern wir mit ihnen aus Mazedonien über die Albanischen Alpen. Nachts erschrecken uns Hunde, am Tag begleiten und bewachen sie uns, ohne dass wir sie darum gebeten hätten. Wir geraten, angelockt von Musik, in ein Hochzeitsfest und werden reich beschenkt. Wir spüren – dass wir mit ihnen tanzen, ist das größte Geschenk, das wir ihnen machen konnten. Die Menschen kommen mit offenen Herzen auf uns zu. Ein sehr unbekanntes Land – fast vor unserer Haustür. Albanien will zu Europa gehören – öffnen auch wir ihnen unsere Türen und Herzen?

Wir hören in der Sendung, dass die Menschen in Albanien recht frei zu sein scheinen von den, von uns offenbar erwarteten, religiösen Prägungen.

Laut der  Verfassung von 1998 betrachtet sich der Staat Albanien heute als „laizistische Republik“. Damit ist gemeint, dass ihr das Prinzip strenger Trennung zwischen Religion und Staat zugrunde liegt. Das könnte auch die Erklärung dafür sein, was unseren jungen Wandervögeln so begegnet ist.

Dazu noch ein Blick in die Geschichte. Ich halte mich dabei weitgehend an das, was in Wikipedia darüber nachzulesen ist.

Zu Beginn der osmanischen Herrschaft in Albanien – im Süden zu Anfang, im Norden gegen Ende des 15. Jahrhunderts – waren fast ausschließlich die türkischen Einwanderer in den Städten (vor allem Kaufleute, Handwerker und Soldaten) Anhänger des Islam. Die Islamisierung weiter Teile der Bevölkerung setzte zu Beginn des 16. Jahrhunderts ein, wiederum im Süden eher und durchgreifender als im Norden.

Ende des 16. Jahrhunderts war die große Mehrheit der Stadtbewohner muslimisch, während in den Dörfern noch 80 Prozent Christen waren. Im Laufe des 17. Jahrhunderts nahm, der auf die Christen ausgeübte Druck, zur Konversion zu. (Es war das im Wesentlichen eine wirtschaftliche Benachteiligung, die Nichtmuslime ertragen mussten). Dies hatte zum einen politische Ursachen: die Osmanen gerieten zunehmend in die Defensive gegenüber den christlichen Mächten außerhalb des osmanischen Reiches, zum anderen gab es wirtschaftliche Gründe – der Verfall des Timarsystems (das System, wie Lehnsgut gehandhabt wurde) führte zur verschärften Ausbeutung insbesondere der christlichen Bauern durch die Großgrundbesitzer. Um wenigstens der Kopfsteuer zu entgehen, traten deshalb im 17. Jahrhundert häufig ganze Dorfschaften zum Islam über. Seit dieser Zeit ist Albanien ein mehrheitlich muslimisches Land.

Vor dem Zweiten Weltkrieg bekannten sich etwa 70 % der Bevölkerung zum Islam. Davon waren die meisten sunnitisch und nicht ganz ein Drittel Anhänger des Bektaschi-Ordens.

……,es erscheint der Bektaschi-Orden wird von manchen als eine Art Sufi-Weg des Alevitentums gesehen……Innerhalb der Aleviten gibt es unterschiedliche Strömungen, jedenfalls aktuell in Österreich – die einen sehen sich islamisch, andere sehen das nicht so.

Knapp 20 % der Bevölkerung waren orthodoxe Christen, zu denen praktisch alle ethnischen Minderheiten zählen. Etwa 10 % gehörten der römisch-katholischen Kirche an.

Dann kamen tiefgreifende Veränderungen. 1944 hatten Kommunisten die Macht übernommen. 1967 wurde ein totales Religionsverbot erlasse. Und im nächsten Jahr erklärt Albanien sich zum atheistischen Staat, übrigens dem ersten dieser Art auf der ganzen Welt. Wenngleich diese Erklärung damals im Antrieb der kommunistischen Machthaber erfolgt ist, stellt sich mir die Frage, warum gerade in Albanien und nicht in anderen kommunistischen Staaten auch. Sind die Menschen in Albanien vielleicht besonders reif gewesen für so eine Erklärung?

Diese Erklärung wurde erst im Dezember 1990 wieder aufgehoben. Nach wie vor hat die Mehrheit der Albaner kein offizielles Bekenntnis abgelegt. Sie erinnern sich aber, ob die eigene Familie der muslimischen, der orthodoxen oder katholischen Tradition entstammt.[49] Dank der wiederhergestellten Religionsfreiheit reorganisierte sich die katholische Kirche nach 1990 vor allem mit italienischer Hilfe. Daneben gelangten auch bisher in Albanien unbekannte Glaubensgemeinschaften wie protestantische und andere Kirchen ins Land.[50] Der albanisch-orthodoxen Kirche fehlte die Unterstützung durch eine große Organisation im Ausland. Der Islam erhielt viel Unterstützung, konkurrierend aus Arabien und der Türkei, und es wurden zahlreiche Moscheen errichtet. Die strenge Form des Islams dieser Länder ist jedoch vielen albanischen Muslimen fremd geblieben. Weder die einen noch die anderen konnten entscheidenden Einfluss auf die muslimische Gemeinschaft erlangen. Extremistische Tendenzen konnten keinen Fuß fassen, die organisierte Religion spielt noch immer eine untergeordnete Rolle – so jedenfalls nachzulesen in Wikipedia.

Viele Albaner, egal welcher Konfession, praktizieren ihren Glauben seit dem Religionsverbot von 1968 nicht mehr.

Die Volkszählung von 2011 ermittelte nun folgende Religionszugehörigkeiten: 57 % muslimisch, davon 2 % Bektaschi (jener Orden, der den Aleviten nahestehend gesehen wird), 17 % Christen, davon 10 % römisch-katholisch, knapp 7 % albanisch-orthodox und unter etwa 0,2 % protestantisch/evangelikal. 14 % der Bevölkerung gaben keine Antwort, 5,5 % sind Gläubige, die sich keiner Glaubensgemeinschaft zuordnen. Muslime in Albanien sind, abgesehen von einigen Bergregionen, fast im ganzen Land vertreten. Katholiken sind vor allem im Nordwesten Albaniens beheimatet. Im Süden sind es insbesondere die Siedlungsgebiete der ethnischen Minderheiten, in denen die Orthodoxie mehr Anhänger hat.

Es hat den Eindruck, dass Identität des Staates Albanien und deren Menschen viel weniger durch die Religion gestiftet wird als wir – oberflächlich hingeschaut – erwarten. Das könnte auch schon vor der kommunistischen Phase so gewesen sein. Ein Indiz dafür:

Der albanische König Ahmet Zogu, der Albanien von 1925 bis 1939 regierte, war Muslim, praktizierte seinen Glauben aber zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Immer auf einen Ausgleich zwischen den Religionen abzielend und mitunter von der Gunst der katholischen Stämme und der Italiener abhängig, heiratete er eine katholische Gräfin aus Ungarn.

Lass uns hören, wie die jungen Wandervögel das Land und die Menschen erlebt haben!

Zuletzt geändert am 05.01.18, 13:43 Uhr

Verfasst von Volkmar Baurecker

Geboren 1940 in Puchenau, OÖ. Lehre zum Elektromechaniker bei einem Linzer Industriebetrieb. HTL-Elektrotechnik abgeschlossen 1966. Konstrukteur und Projektant für haustechnische Anlagen. Ab 1980 selbständiger Kaufmann in Linz, mit Naturprodukten zum Bauen und Wohnen, sowie Spinn- und Webgeräten. Seit Pensionierung 2003 wohnhaft in St. Gotthard im Mühlkreis, OÖ.

Seit etwa 1970 in Umwelt- und Naturschutz tätig, insbesondere Abwehr von Atomkraft. Freizeit-Segler seit den 90er-Jahren. Längerwährende Weltreise, vorwiegend auf Segelbooten. Seit 2016 Sendungsmacher bei Radio Fro.

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Gesendet am Di 07. Nov 2017 / 16 Uhr