220801_s-link_schloss-mirabell-3-e1665061216162 S-Link-Verlauf ab Hbf
S-Link
Wegstrecken

In trüben Teichen fischt

die Salzburger SPÖ.

Es hätte schon seine Berechtigung, die möglichen Kosten der Verlängerung der Salzburger Lokalbahn durch den Innenstadttunnel bis Mirabell, die Altstadt und dann wieder oberirdisch weiter bis Hallein als Regionalstadtbahn – = S-Link – ins Auge zu fassen und konstruktive Fragen zu stellen.

Oder auf Informationsdefizite der bisherigen S-Link-Kampagnen hinzuweisen, die übrigens 6 Monate vor der Salzburger Landtagswahl (23.4.2023) eingestellt werden mussten, um eine Beeinflussung der Wahl durch vermeintliche “ÖVP-Propaganda” hintan zu stellen. Viele Details sind nicht oder zumindest nicht ohne umfangreichere Eigenrecherche ersichtlich, z.B. ob und wie sich der S-Link auf die vorhandenen O-Bus- und Buslinien auswirkt, auf deren Streckenführung, Intervalle und natürlich auch darauf, in welcher Form Straßenräume umgestaltet werden sollen bzw. müssen, um den motorisierten Individualverkehr zu Gunsten größerer Freiräume für “sanfte Mobilität” und vor allem für die Menschen, die in der Stadt leben, einzuschränken.

Auch ich als Befürworter des S-Link kann durchaus nachvollziehen, dass Menschen misstrauisch sind, weil sie Szenarien überbordender Projektkosten von anderen Großprojekten kennen und ein ungutes Gefühl anhand eines Projektes haben, das sich derzeit in einem Kostenrahmen von knapp 2 Mrd. Euro bis gut 2,8 Mrd. Euro bewegt, abhängig davon, wie weit unter der Erde gebaut und wo die Bahnstrecke wieder oberirdisch verläuft.

Dem könnte man als SPÖ mit konkreten Fragestellungen begegnen, z.B. welche Reserven für unvorgesehene Ereignisse beim Bau vorgesehen sind, ob die Baukosten durch Bocksprünge der Inflation und gestiegene Material- und Arbeitspreise “ins Unermessliche” steigen könnten oder ob dagegen Vorkehrungen getroffen wurden.

Während jedoch eine Sparte der unter “Stopp U-Bahn” versammelten S-Link-Gegner*innen die Lokalbahnverlängerung und somit den Grundstock eines um Bestands- und Neubaustrecken zu erweiternden Netzes oberirdisch gebaut wissen wollen, sich also in Grundzügen auch davon überzeugt sehen, dass der Öffentliche Verkehr in Stadt und Land Salzburg sowie in den angrenzenden Regionen ausgebaut bzw. besser vernetzt werden muss, ist die SPÖ auf einem Gemeinderatswahlkampfkurs – in der Stadt Salzburg werden im Frühjahr 2024 Gemeinderatswahlen abgehalten – unterwegs, der sich im Sande einer Fortschreibung dem Autoverkehr ungefährlicher und erwartbar wirkungsloser Katastrophen-Abwendungspolitik verläuft.

Dass der S-Link einen Schuldenberg für 50 Jahre bedeute und die Zukunft junger Menschen gefährde, heißt es da auf bereits aufgestellten Wahlkampfplakaten. Und man solle mit dem für den S-Link veranschlagten Geld die auch schon unter SPÖ-Bürgermeistern finanziell vernachlässigte O-Bus-Sparte der Salzburg AG wieder ertüchtigen, den Takt deutlich verbessern, die Infrastruktur für Radfahrende in der Stadt sowie die Park and Ride-Anlagen im Umland ausbauen und Parkplätze in der Altstadt reduzieren.

Von der eigenen Mitwirkung als vormalige Bürgermeisterpartei am zu kurz halten des O-Bus-Betriebes noch unter Salzburg AG-Verkehrsdirektor Gunter Mackinger und dem Hinnehmen, dass Mackinger und andere fähige Menschen aus der Salzburg AG “gegangen” wurden ist natürlich keine Rede, das wäre für österreichische Politikverhältnisse auch zu viel verlangt.

Wie der vollmundig versprochene 5-Minuten-Takt auf den O-Bus-Linien letztlich umgesetzt werden soll, ist zumindest mir ein Rätsel, wenn ich davon ausgehe, dass die Salzburger SPÖ wenig Ambitionen zeigen wird, den motorisierten Individualverkehr durch noch einzurichtende und in ihrer Wirkung deutlich zu verbessernde vorhandene Busspuren auszubremsen. Und angesichts der bekannten Nadelöhre im Bus-Netz wie der Staatsbrücke hört sich die 5-Minuten-Botschaft ähnlich praxisfremd an wie etwa eine Forderung nach 15-Minuten-S-Bahn-Takt auf der Westbahnstrecke zwischen Linz und Wels unter Beibehaltung aller aktuell vorhandenen Verkehre ohne Ausbau auf 4 Gleise.

Ich habe den Eindruck – und lasse mich gerne politischer Kaffeesudleserei bezichtigen, falls ich der SPÖ Unrecht tue – dass die SPÖ, obwohl deren Wähler*innen bei der Landtagswahl in deutlich stärkeren Ausmaß als jene von ÖVP und FPÖ das Projekt S-Link befürworteten, alles versuchen wird, die Skeptiker*innen und Gegner*innen des S-Link bei der Gemeinderatswahl an sich zu binden, ohne ein schlüssiges Konzept für eine Änderung der Mobilität in Stadt und Land Salzburg vorweisen zu können. Man wird also darauf setzen, den Teufel des finanziellen Fiaskos beim S-Link an die Wand zu malen und die Leute glauben machen, dass dieses Projekt Investitionsstillstand für Jahrzehnte bedeutet und dies – neuerlich – ohne brauchbare Alternative zur Verlängerung der Salzburger Lokalbahn als Herzstück eines künftigen Regionalstadtbahnnetzes. Auch befürchte ich, dass “klimafreundliche Mobilität” beim doch eher auto-affinen SPÖ-Spitzenkandidaten Bernhard Auinger aufgebrezelte Elektroautos in relativ großem Ausmaß inkludiert, die aber de facto bloß als Öko-Schmäh fungieren, man schlage nach beim Abbau von Lithium, beim Platzverbrauch der Fahrzeuge und bei der Beanspruchung der Verkehrswege.

Baubeginn ist nach derzeitigem Stand erst im Frühjahr 2025, da die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung und auch der Einwändungen beim Bundesverwaltungsgerichtshof abgewartet werden müssen. Auch steht noch eine von Stopp U-Bahn initiierte Bürger*innenbefragung im Raum, über die der Salzburger Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) meinte, diese sei nicht bindend, der Verkehrslandesrat und nunmehrige Landeshauptmann-Stellvertreter seitens der ÖVP, Stefan Schnöll, möchte die Befragung auf das Umland der Stadt Salzburg und zumindest auf die Gemeinden entlang der Salzburger Lokalbahn, ausgedehnt wissen.

Erich Klinger, 5. Juli 2023

Zur Wegstrecken-S-Link-Sendung vom März mit Erik Schnaitl als nicht nur S-Link-Gegner, sondern genereller Großprojekt-Skeptiker und Robert Mosser, Pressesprecher S-Link geht es hier.

 

S-Link-Salzburg – Herzstück Regionalstadtbahn-Netz, Endstation Mirabell oder vergrabenes Geld?

In trüben Teichen fischt

 

Zuletzt geändert am 20.07.23, 12:13 Uhr

Verfasst von Erich Klinger

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Gesendet am Di 18. Jul 2023 / 19 Uhr