LINZ VERENDET – OHNE FREIE KULTUR!
Linz, am 17.10.2011
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister Dr. Watzl,
sehr geehrte Damen und Herren,
es ist wieder einmal Krisenzeit!
Diesmal haben die Auswirkungen der Finanzkrise auch Österreich erreicht, in Linz in Form der Swap-Affäre. Unter deren Eindruck wurden erste Einschnitte im städtischen Budget vorgenommen, weitere sind zu befürchten. Doch für diese Krise zahlen wir nicht!
Dass die Kultur ihren Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung  leistet, wissen wir aus vielen Sonntagsreden und Ansprachen. Doch wenn  am Montag die Budgets erstellt werden, scheinen die hehren Worte schnell  vergessen, denn die Linzer freie Szene leidet unter der extremen  Budgetnot. Nicht erst seit der jüngsten Krise, sondern seit 2004  stagniert das der freien Szene zuordenbare Budget. Der Anteil der freien  Szene am gesamten Kulturbudget beträgt derzeit circa 2,7%, in absoluten  Zahlen müssen sich die mehr als fünfzig Kulturinitiativen und hunderte  KünstlerInnen 1,2 Millionen Euro teilen. Und das in einer Zeit, in der  Linz kulturell aufblüht – fast monatlich gründen sich neue  Kulturinitiativen, deren InitiatorInnen mit viel Elan und Engagement das  Leben in dieser Stadt bereichern!
 Auch die Hoffnung, dass es nach dem Kulturhauptstadtjahr im Sinne der  Nachhaltigkeit zu nennenswerten Verbesserungen der finanziellen  Ausstattung der freien Szene Linz kommt, hat sich leider zerschlagen.  Nur bei stadteigenen Kulturinstitutionen konnte und kann man eine  anhaltende Investitionsfreude beobachten. Doch man darf nicht vergessen,  dass der Nährboden für neue KünstlerInnen, für junge  KulturarbeiterInnen weniger die großen Häuser sind, sondern vielmehr  eine vielfältige lokale Kulturszene. Und dass Kultur für Alle nicht nur  das Feuerwerk am Ende der Klangwolke bedeutet, sondern vielmehr im  selbstbestimmten Arbeiten in freien Kulturinitiativen ihren Ausdruck  findet.
Sei es die junge, preisgekrönte Kulturinitiative junQ.at, deren  ohnedies geringe Subvention von 1.500 € auf 1.000 € gekürzt wurde, sei  es die vielfach ausgezeichnete Aktionsgemeinschaft Social Impact, deren  Subvention von 8.000 € um mehr als 50% gestrichen wurde, sei es die  Linzer KAPU, die sich schlicht wegen inflationärer Kostensteigerungen  ihr Magazin Kapuzine nicht mehr leisten kann, sei es das Ende des  Szenemagazins spotsZ, sie alle stehen stellvertretend für die prekäre  finanzielle Lage der freien Szene Linz. Besonders die Bereiche Musik,  Video, Tanz, Theater und neue Medien haben sich in den letzten Jahren  rasant entwickelt, doch den vielen jungen Initiativen und KünstlerInnen  wurden keine adäquaten Fördermittel in Aussicht gestellt.
 Die Diskrepanz in der Entwicklung des Kulturbudgets der letzten vier  Jahre ist augenscheinlich. Das gesamte Kulturbudget ist in dieser Zeit  um mehr als 50% angestiegen, während sich das Budget der freien Szene  unterhalb der Inflationsgrenze entwickelt hat:
Siehe Abbildung oben.
Weiters ist unverständlich, warum manche Kulturvereine erst im  Spätsommer, acht Monate nach der Einreichung ihrer Förderanträge Zu-  oder Absagen bekommen. Dadurch haben die Kulturinitiativen keine  Planungssicherheit, müssen immense Zinsforderungen an die Banken zahlen  und gehen als Privatpersonen hohe finanzielle Risiken ein. Weiters ist  auch die Streichung von Förderprogrammen wie der CD-Förderung ohne  Rücksprache mit den Betroffenen ein Schlag ins Gesicht all jener  KulturarbeiterInnen und MusikerInnen, die der Musikstadt Linz ihre  Identität verleihen.
 So kann es nicht weitergehen! Wir fordern daher eine sofortige Maßnahme  zur Sicherung der freien Szene, um die schlimmsten oben genannten  finanziellen Engpässe zu beheben. Mittelfristig, bis spätestens 2015,  fordern wir eine schrittweise Erhöhung des Anteils der freien Szene auf 5  % des Kulturbudgets, oder in absoluten Zahlen ausgedrückt auf  mindestens 2,3 Millionen Euro. Weiters fordern wir in Zukunft eine für  die Verwaltung verpflichtende Behandlung der Förderanträge innerhalb von  3 Monaten und die Auszahlung von 3-Jahresvertrags-Förderungen  unabhängig von der Abrechnung des Vorjahres.
 Wir sind zu Gesprächen bereit und bitten Sie um einen gemeinsamen Verhandlungstermin mit VertreterInnen der Freien Szene Linz.
 Diese Stellungnahme wird von zahlreichen Initiativen unterstützt, sowie  von vielen Einzelpersonen mitgetragen, von denen wir hier einige  exemplarisch aufführen:
Initiativen
 aktionsgemeinschaft social impact
 ARGE Zimbabwe Freundschaft
 Artifex
 Backlab Collective
 bb15, Raum für Gegenwartskunst
 Designforum Linz
 die zebras Theaterverein
 Dorf TV
 FIFTITU% – Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in OÖ
 IFEK – Institut für erweiterte Kunst
 junQ.at – Medien- & Kulturplattform
 KAPU
 Kompott
 Kult-Ex / Das Kollektiv
 Kulturverein Catalyzer
 Kunstverein lin-c
 Kunstverein Paradigma
 Kulturverein Z6
 KUPF – Kulturplattform Oberösterreich
 maiz – Autonomes Zentrum von & für Migrantinnen
 Moviemento
 Musentempel
 nomadenetappe
 Pangea – Interkulturelle Medienwerkstatt
 qujOchÖ
 Radio FRO – Freier Rundfunk Oberösterreich GmbH
 servus.at
 SILK
 SPACEfemFM Frauenradio
 spotsZ – Kunst.Kultur.Szene.Linz
 Stadtwerkstatt
 theaternyx*
 Time's Up
 Transpublic
 Verein Flipt! Daumenkinofestival
 Zachrecords
 —
Personen
 Aileen Derieg
 Alexander Vojvoda
 Andi Wahl
 Andrea Hummer
 Andrea Mayer-Edoloeyi
 Astrid Esslinger
 Bernhard Hummer
 Christian Diabl
 Christian Stefaner-Schmid
 Christoph Fürst
 Dagmar Höss
 David Wagner
 Didi Bruckmayr
 Franz Fend
 Georg Ritter
 Gottfried Gusenbauer
 Hannes Langeder
 Harald Renner
 Helga Schager
 Ilona Roth
 Katharina Loidl
 Klaus Hollinetz
 Michael Schweiger
 Paul Fischnaller
 Rubia Salgado
 Rudolf Danielczyk
 Sabine Stuller
 Silke Grabinger
 Simone Boria
 Thomas Diesenreiter
 Thomas Hinterberger
 Thomas Pohl
 Ursula Kolar
 Veronika Merl
 Werner Puntigam
 Wolfgang Dorninger
 Wolfgang Steininger
Zuletzt geändert am 18.10.11, 00:00 Uhr
   
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