Jack Grunsky: „Ich wollte nie Wegbereiter von Protestliedern sein“
Mit dem Album „Two Worlds – One Memory“ blickt Grunsky auf seine musikalischen Wurzeln zurück. Das Album ist somit ein Geschenk an sich selbst.
„Hallo Folks!“, auf diese Begrüßung hat sich in den frühen 1970er Jahren Woche für Woche eine ganze Generation von Musikfans, die in Österreich und Bayern gespannt vor den Radiogeräten gesessen ist, gefreut. Mit seiner Sendung „Folk mit Jack“ auf Ö3, hat es der austro-kanadische Musiker und Moderator Jack Grunsky geschafft, seiner Hörerschaft die Musik der US-Singer-Songwriter der Woodstock-Generation, näherzubringen. Ganz nebenbei ist Jack damit auch zum Englischlehrer der Nation geworden.
Heute lebt Jack Grunsky in Toronto. Hier schreibt er vorwiegend Musik für Kinder und sei somit von Donald Trumps Zollpolitik völlig unabhängig, wie er lachend erwähnt. Er steckt gerade in der Vorbereitungsphase zu seinem neuen Musical „Playground“, das am 1. Juli 2025, also am Tag seines 80. Geburtstags, Premiere feiert. Das Stück handelt von Kindern, die sich am Spielplatz kennenlernen. „Da gibt es einen Außenseiter, der Schwierigkeiten hat, Freunde zu finden. Er flüchtet in seine eigene Traumwelt und hört dabei viel Musik“, erzählt der Jubilar.
Mit dem Album „Two Worlds – One Memory“ (im Label PlanetM veröffentlicht, per mail bestellbar unter: martin@seimen.at, erhältlich auch auf allen digitalen Portalen) blickt Grunsky auf seine musikalischen Wurzeln zurück. Das Album ist somit ein Geschenk an sich selbst. Initiiert wurde das Projekt vom Linzer Staranwalt Gerhard Wildmoser, einst Manager der „Jack´s Angels“. Die Produktion von Martin Seimen aus Traun hat sich über zwei Jahre erstreckt. Musikdateien wurden über den Atlantik hin- und hergeschickt. Schließlich sind es 38 Duo- und Solotracks geworden. Zu hören sind neben Jack seine Tochter Cosima, die Sängerin Jessie Ann de Angelo und schließlich auch Gerhard Wildmoser selbst. Das Ergebnis: Eine Vielzahl ikonischer 60er- und 70er Songs von Bob Dylan, Kris Kristofferson, Pete Seeger und vielen mehr. Für Grunsky und Wildmoser eine emotionale Reise zu ihrer Jugendzeit.
Jugend in Kanada
In Graz in eine Musikerfamilie hineingeboren, folgt Grunsky zu Beginn der 1950er Jahre, nach der Scheidung seiner Eltern, dem Vater nach Toronto. Dort absolviert er die Highschool und spielt in Bands. Mitte der 1960er Jahre kommt Jack nach Linz, wo seine Mutter lebt. Hier belegt er Lehrveranstaltungen an der Kunstschule, schreibt zum Zeitvertreib eigene Lieder und wird damit bald eine regionale Größe. Mit Christoph Oberhuber, der 2021 verstorbenen Claudia Pohl und Herbert Wegscheider, allesamt studentische Bekanntschaften, formiert Grunsky die Gruppe „Jack´s Angels“. Wesentliche Unterstützung kommt von Freund Wildmoser, der damals noch in der Linzer Allgemeinen Sparkasse als Lehrling arbeitet. „Musik war für mich lediglich ein Hobby, aber Gerhard hat uns ordentlich gepusht“, erinnert sich Jack. Bald übersiedelt der Sänger mit den „Angels“-Mitgliedern nach Wien. Auch Wildmoser kommt mit, um die Matura nachzuholen und später ebenso zu studieren. Doch zuvor organisiert er Auftritte in der Linzer Arbeiterkammer und finanziert Aufnahmen im ORF Landesstudio Oberösterreich. Dann führt der Weg zum damaligen Major-Plattenlabel Amadeo. „Ich bin einfach so lange bei der Amadeo sitzen geblieben, bis sich jemand die Aufnahmen angehört hat“, erinnert sich Wildmoser.
Erster österreichischer Protestsong
Das erste „Angels“-Album „Believe In A World“ schlägt ein und mit dem Lied „When there´s a War going on“, hat Jack den ersten österreichischen Protestsong geschrieben, der thematisch bestens in die Zeit des Vietnamkriegs passt. „Ich hatte nie vor, Wegbereiter des österreichischen Protestlieds zu sein. In erster Linie war ich an der Musik und der Kunst interessiert“, erinnert sich Grunsky. Wildmoser bringt die „Angels“ in die Gilbert Bécaud-Show des ZDF. In dieser Zeit macht die Band auch Bekanntschaft mit der Sängerin Joan Baez. „Plötzlich stand ich mit der Göttin der Folk-Musik auf der Bühne des Wiener Konzerthauses. Zuvor haben wir sie am Flughafen abgeholt und die Nacht hindurch in meiner Wohnung musiziert.“
Die PR-Aktivitäten durch Manager Wildmoser und der Amadeo führen zu ausverkauften Tourneen in Österreich. Bei einem Konzert nahe des Goethedenkmals muss sogar der Wiener Burgring gesperrt werden, weil so viele Leute gekommen sind. 1968 ist dann aber nach zwei erfolgreichen Jahren Schluss. Auch die Wege von Gerhard Wildmoser und Jack Grunsky trennen sich. Während Wildmoser sein Jusstudium beendet, verfolgt Jack seine Solo-Karriere. Er schreibt Hits für sich und andere österreichische Künstler, beispielsweise André Heller, der den Grunsky-Hit „Catherine“, in Deutsch singt. Im Original ist „Catherine“ auf Grunskys Album „Toronto“ von 1970 zu finden. Es ist in London entstanden, wo Jack mit Musikgrößen wie Alexis Korner und Mick Taylor, Nachfolger von Brian Jones bei den Rolling Stones, zusammenarbeitet.
Zur gleichen Zeit bahnt sich mit der sogenannten „Dialektwelle“ eine musikalische Trendwende an, in die Jack mit seinen englisch gesungenen Folksongs nicht mehr hineinpasst. Nun möchte ihn die Plattenfirma als neuen Roy Black aufbauen, was dem gestandenen Folkmusiker nicht gefällt. Er überredet daher seine Frau Hertha in Toronto ein neues Leben zu beginnen. Ab 1975 schafft es Jack auch in Kanada mit seiner Musik Fuß zu fassen und avanciert schließlich zum vielfach ausgezeichneten Komponisten von Kinderliedern.
Seinen einstigen Weggefährten Gerhard Wildmoser, der mittlerweile erfolgreich als Anwalt tätig ist, hat Grunsky damals aus den Augen verloren. Der Jurist vertritt im Noricum-Prozess die Politiker Karl Blecha, Leopold Gratz und Fred Sinowatz sowie später auch Bundespräsident Thomas Klestil. Zudem saß der Doyen der Rechtsanwälte im Laufe seiner Karriere in insgesamt 33 Aufsichtsräten und bekleidete zahlreiche ehrenamtlichen Funktionen.
„Two Worlds – One Memory“
Ebenso wie Jack Grunsky würde Wildmoser die Arbeit jung halten, verrät er. Traurig mache beide allerdings die aktuelle geopolitische Lage. So wird der Ukrainekrieg zum Anlass, das Liedgut aus den 1960er Jahren der Hörerschaft im neuen Gewand in Erinnerung zu rufen.
Vorangegangen ist Gerhard Wildmosers 70. Geburtstag im September 2016. Bei der Feier im Kaufmännischen Verein in Linz gibt der Anwalt ein paar Songs live zum Besten. Plötzlich, und für Wildmoser völlig unerwartet, steht, von seinem jüngeren Bruder Christian organisiert, Jack Grunsky auf der Bühne – ein Wiedersehen, das beide sehr bewegt hat.
Die politischen Lieder auf dem Album „Two Worlds – One Memory“ würden heute genauso ihre Geltung haben wie damals, erklärt Wildmoser. Daneben sind aber auch viele andere Lieder auf dem Album zu finden, die das tägliche Leben zum Thema haben. Nicht zuletzt wird mit dem Lied “Auld Lang Syne” an die persönliche Freundschaft und das Zusammenstehen von Menschen über Jahrzehnte erinnert.
„Two Worlds – One Memory“ ist per Mail bestellbar unter: martin@seimen.at, erhältlich auch auf allen digitalen Portalen
(Peter Pohn)
(Foto: PlanetM)
Zuletzt geändert am 01.07.25, 21:06 Uhr