Grundsatzreferate

Dr. Cornelia Kogoj (Stimme für Minderheiten)
Jon Bracher (Radio LoRa)
Univ. Prof. Dr. Josef Gunz (Institut Soziologie)


Cornelia Kogoj (Stimme für Minderheiten)


Zur Person:

Generalsekretärin der Initiative Minderheiten
Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Univ. Wien
Diplomarbeit zur Mediennutzung der Kärntner Slowenen (1994)
Dissertation zum Thema: "Minderheitenmedien - Medien für Minderheiten - Massenmediale Leistungen und Rahmenbedingungen für Sprachminderheiten im europäischen Vergleich" (1997)
Veröffentlichungen zum Thema in der "Stimme von und für Minderheiten", in Relation" (Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaft) und im Medienjournal".


Grundsatzreferat

"MINDERHEITEN UND MEDIEN IN ÖSTERREICH" Beschreibung eines kommunikativen Mißverhältnisses

Der Zugang zu den Massenmedien ist eine der wichtigsten Fragen moderner Gesellschaftsformen geworden. Denn anhand der Herstellung von Öffentlichkeiten können in parlamentarischen Demokratien Interessen artikuliert und durchgesetzt werden. Das bedeutet, daß mittels öffentlicher Kommunikation Hierarchien und Herrschaftspositionen geschaffen werden. Daher sieht beispielsweise das Modell der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vor, eben diese Position mittels gesetzlicher Rahmenbedingungen auszubalancieren, um allen relevanten Gruppen die gleiche Chance zu geben, sich im politischen und gesellschaftlichen Prozeß durchzusetzen.

Die Realität sieht anders aus. Der Zugang zu Medienressourcen mit gewissen Ausnahmen der sog. neuen Medien (wie beispielsweise das Internet) ist für wirtschaftlich weniger potente Gruppen, wie sie ethnische Minderheiten in Österreich darstellen sehr schwierig, auch wenn sich die Situation mit der Rundfunkliberalisierung und mit der Schaffung von freien Radios deutlich verbessert hat. Aber dennoch wird mit der zunehmenden Kommerzialisierung der Medien dieser Zugang mit der Kaufkraft der Angehörigen der Minderheiten gleichgesetzt.

In diesem Referat soll eine Bestandsaufnahme der Mediensituation für ethnische Minderheiten durchgeführt werden, wobei exemplarisch die Situation der Kärntner SlowenInnen, der BurgenlandkroatInnen und der ZuwanderInnen im Hinblick auf mediale Integrationsfunktionen von Medien analysiert werden soll.

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Jon Bracher (Radio LoRa)


Zur Person:

Geboren am 23.10.68 in Osaka, Japan; Mutter Dänin, Vater Schweizer
Aufgewachsen in der Region Zürich, Schweiz
Angestellt zu 60% im Radio LoRa, daneben Übersetzerstudium an der Schule für Angewandte Linguistik in Zürich.


Grundsatzreferat

- Warum konnte gerade Radio LoRa ziemlich erfolgreich sprachliche Minderheiten integrieren und
- Was die schweizerische Medien- und insbesondere Radiopolitik damit zu tun hat, dass Radio LoRa überhaupt existiert.

1. Teil Geschichte von Radio LoRa
2. Teil Strukturen von Radio LoRa

- Quoten: Alle Kommissionen müssen nicht nur mind. zur Hälfte von Frauen sondern ebenso mind. hälftig von MigrantInnen besetzt sein. Neuanträge für fremdsprachige Sendungen werden bevorzugt behandelt, insbesondere wenn die betreffende Sprache noch nicht im LoRa-Programm vertreten ist. Die letzten Sprachen, die auf diese Weise neu dazu gestoßen sind, sind somalisch und polnisch. Seit ein paar Jahren haben wir auch keine Sendungen mehr auf serbo-kroatisch, dafür figurieren als neue Sprachen bosnisch, serbisch und kroatisch im Programm...
- Sendungen machen ist im LoRa grundsätzlich unbezahlte Arbeit. Der Vorteil: Es gibt keine Schwarzarbeit! Entsprechend nutzen die so genannten Sans-papier, die "illegalisierten" Menschen, Radio LoRa als ihre einzige Möglichkeit, an die Öffentlichkeit zu gelangen.
- Ein nicht zu unterschätzender Vorteil für Radio LoRa: Wir haben praktisch das Monopol für fremdsprachige Sendungen in unserem Sendegebiet! Niemand sonst sendet in persisch, arabisch, türkisch, kurdisch oder tamilisch, ja nicht einmal in spanisch, portugiesisch oder italienisch, geschweige denn in romanes... Wir tun es, und dafür können wir auf ein besonders treues Publikum innerhalb all dieser sprachlichen Minderheiten zählen, was durchaus nicht zu unterschätzen ist: aus diesen Kreisen kommen sehr viele Mitglieder, so dass die so genannten Minderheiten sogar zu einer Art finanziellem Standbein von Radio LoRa geworden sind.

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Josef Gunz


Zur Person:

Studium der Sozial- und Wirtschaftseissenschaften in Innsbruck und Linz mit Schwerpunkt Soziologie. Leiter der Abteilung Theoretische Soziologie und Sozialanalysen am Institut für Soziologie.
Forschungsschwerpunkte:
Theoretische Soziologie, Soziolinguistik, Medien, Kommunikation, Migration.

Dr. Gunz wird über seine jüngst im Auftrag des Landes OÖ. publizierte Studie mit dem Titel "Situation der MigrantInnen in Oberösterreich" sprechen.

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