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Die Positiv Durchgedrehten Radio-ModeratorInnen

von Veronika Moser ///
Hinter der Wortkreation PoloNews verbirgt sich nicht nur das englische Wort für Nachrichten, sondern auch das lateinische bzw. polnische Wort „Polonus“. Wer oder was ist das?

„Polonusi“, das sind Polinnen und Polen, die im Ausland leben. Weltweit umfasst die polnische Diaspora, die „Polonia“, rund 20 Millionen Menschen (ja, die Polinnen und Polen sind mobil!) Auch in Oberösterreich gibt es eine aktive polnische Community, die geschätzte 4000 Menschen umfasst. Es ist also kein Zufall, dass jeden Sonntag zwischen 12 und 15 Uhr Radio in polnischer Sprache auf Radio FRO 105.0 zu hören ist. Seit nun einem Jahr geht mit Radio PoloNews auch eine zweisprachige Sendung on air. Das Besondere daran: Ich muss kein Polnisch verstehen, um dem Inhalt der Sendung folgen zu können; ich muss auch nicht perfekt Deutsch können. Eines von beidem – und das Interesse am anderen – reicht vollkommen. In diesem Sinne: Wszystkiego najlepszego z okazji urodzin! Herzlichen Glückwunsch zum 1. Geburtstag, liebes PoloNews-Team.

PZPR – Pozytywnie Zakr˛eceni Prezenterzy Radiowi

Die RadiomacherInnen von PoloNews lieben das Spiel mit der Sprache – Mehrsprachigkeit, Mehrdeutigkeit, Wortspiele.
PZPR ist eigentlich die Abkürzung für „Polska Zjednoczona Partia Robotnicza“ – die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei, die von 1948 bis 1989 die kommunistische Staatspartei in der Volksrepublik Polen war. Nun verwendet das PoloNews-Team die Abbreviation zur Selbstcharakterisierung und bezeichnet sich schmunzelnd als PZPR – als Positiv Durchgedrehte Radio-ModeratorInnen. Radio PoloNews sieht sich als „pozytywne radio“: Die Sendung möchte positive Seiten des hierzulande stark stereotypbehafteten Polen sichtbar machen, möchte die „Polonusi“, die in Österreich leben, in ein positives Licht rücken, möchte Brücken bauen. Und zwar ganz einfach, indem darüber gesprochen wird, „was im Leben so passiert, was in Polen so passiert.“ In der Sendung werden Reisen durch polnische Musikströmungen genauso unternommen wie literarische Eskapaden oder Roadtrips durch die Masuren. Schließlich zeichnet die Sendung Porträts von KünstlerInnen und MusikerInnen, die ihre Inspiration vor allem dadurch erfahren, dass sie sich im Spannungsfeld zwischen verschiedenen Kulturen und Zugehörigkeiten bewegen.

Polnische ÖsterreicherInnen und österreichische PolInnen

Ania Polewiak, Danuta Maciejewska, Dorota Trepczyk, Halina Bauer, Paweł Poraszka und Renata Sasal kommen abwechselnd in Dreierteams sonntags ins Studio von Radio FRO 105.0, um ihre wöchentliche Sendung zu gestalten. Ihre Wege nach Österreich verliefen ganz unterschiedlich – meist war’s die Liebe oder ein Arbeitsplatz, die dafür sorgten, dass sie ihren Lebensmittelpunkt nach Oberösterreich verlegten, um hier zu studieren, um als Physiotherapeutin zu arbeiten, um den Partner oder die Partnerin zu begleiten.
Mittlerweile fühlen sich alle sechs in Österreich zu Hause und denken eigentlich nicht daran, nach Polen zurückzukehren. „Ich fühle mich als österreichische Polin und als polnische Österreicherin,“ meint Dorota, und die anderen im Team schließen sich ihr an. Polen fehle ihnen nicht, so Danuta: „Dank der Radiosendungen hier erleben wir Polen total intensiv. Eigentlich intensiver und bewusster als in Polen selbst.“ Irgendwie bewirkt das Radiomachen, sich tiefgehend mit der eigenen kulturellen Herkunft auseinanderzusetzen und sich gleichzeitig stärker mit Linz und Oberösterreich verbunden zu fühlen. Durch die Mehrsprachigkeit der Sendungen wird das noch verstärkt: Die Sendungen sind eine Möglichkeit, mit der polnischen Sprache in Kontakt zu bleiben, das Polnische nicht ganz zu vergessen – aber auch, Deutsch zu sprechen.


Mo˙zesz mówi’c naprawd¸e o czym chcesz

Wie kamen die sechs eigentlich zum Freien Radio? Nun, die Wege waren unterschiedlich, früher oder später fanden sich aber alle in einem Basisworkshop bei Radio FRO wieder und sind seitdem als SendungsmacherInnen tätig. Für Ania und Renata war es ein Jugendtraum, für die anderen – eine große Überraschung, plötzlich als ModeratorInnen hinter Mikrofon und Mischpult zu stehen. Bei ihren ersten Sendungen haben sie „ziemlich gezittert“, mittlerweile sind sie süchtig nach dem Adrenalinschub bei Live-Sendungen und finden es „schade, wenn die Stunde vorbei ist und man aufhören muss.“ Woher die Faszination für’s Radiomachen? „Mo˙zesz mówi’c naprawd¸e o czym chcesz“. Du kannst wirklich über das sprechen, was du willst. Auf Dinge aufmerksam machen, über die es sich nachzudenken lohnt. Deine Ansichten mit den HörerInnen teilen.


Linz – Dublin – Zielona Góra – Bratislava – Stockholm – Zakopane

„PoloNews” ist jeden Sonntag von 13 bis 14 Uhr auf der Frequenz 105.0 im Großraum Linz zu hören. Aber nicht nur. Die grenzüberschreitende Sendung wird dank des Livestream genauso von „Polonusi“ in Schweden und der Slowakei sowie von FreundInnen, Verwandten und Bekannten in Polen gehört. Zudem gibt es eine enge Zusammenarbeit mit near fm, dem Freien Radio in Dublin. Die Kooperation kam im Rahmen einer EU-Lernpartnerschaft zwischen Radio FRO und near fm zustande.

Auch in Dublin gibt es polnisches Radio, die „Polonia“ dort ist sehr groß und viele polnische KünsterInnen leben in der Stadt. Grund genug, Sendungen und Interviewstoff auszutauschen. „Radiowcy wszystkich krajów ł¸aczcie si¸e!“ Dieser freudvolle Satz fiel gegen Ende des Gesprächs mit PoloNews, für das ich mich sehr herzlich bedanken möchte. In diesem Sinne: RadiomacherInnen aller Länder, vereinigt euch!

 

 /// Hörversion

 

/// Foto: Veronika Moser

 

Veronika Moser koordiniert den Kultur- und Bildungskanal bei Radio FRO 105.0 und findet, dass Polnisch eine äußerst komplexe aber klangvolle Sprache ist, die es sich zu lernen lohnt.

Zuletzt geändert am 20.06.12, 00:00 Uhr

Verfasst von Silke Müller

Ein Duett aus Radiofeature-Produktion und Illustrationsausstellung hat mein Kommunikationsdesign und Medienstudium abgeschlossen. Seit dem beschäftige ich mich mit der großen, künstlerischen Radioform "Feature", mit Reportagen und Interviews mit KünstlerInnen und Kulturschaffenden.

Ich bin freischaftende Illustratorin für Plakate - zum Beispiel für Radio FRO - Zeitungen, Magazine, Bücher und Ausstellungen. Radiohören geht beim Zeichnen wunderbar.

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