Gefährliche Theaterleute
Die VolxTheaterKarawane - ihr Wollen und Wirken
"Überall heißt es nun, die Volxtheaterkarawane, das seien harmlose ungefährliche Schauspielerinnen, keine gefährlichen GewalttäterInnen. Das Gegenteil ist wahr. Die Volxtheaterkarawane, das sind keine harmlosen, ungefährlichen SteineschmeißerInnen, sondern äußerst gefährliche Theaterleute", intervenieren sie doch "seit Jahren immer wieder auf diversen Bühnen der Politik", so die Publizistin Tina Leisch in www.prairie.at
Aber auch wenn die Karawane in den Wochen nach dem G8-Gipfel von Genua zum Medienereignis stilisiert wurde, blieb den meisten JournalistInnen, wie damit auch deren LeserInnen, der Einblick in das tatsächliche Wollen und Wirken der VolxTheaterKarawane verwehrt. Zu sehr hatte man sich auf den Skandalgehalt der Veranstaltung gestürzt. Da blieb - von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen - nicht mehr viel Zeit für eine inhaltliche Auseinandersetzung.
Dabei wäre das Thema doch durchaus ein über Österreich hinausweisendes. Diverse Karawanen bereisten diesen Sommer Europa - im Rahmen des internationalen Noborder-Netzwerkes, das sich vor zwei Jahren konstituierte, als erstmals erkennbar europaweit Schengenpolitik betrieben wurde. Ausgehend von vergleichbaren Projekten (wie etwa "kein mensch ist illegal" ) suchten die Karawanen Orte politischer Diskussion und Auseinandersetzung auf, um sie miteinander zu verbinden.
Die VolxTheaterKarawane sieht sich entsprechend "als spezifischen Protestpart, der die Kampagne 'no border, no one is illegal' an Orten politischer Auseinandersetzung mit künstlerisch-politischen Mitteln artikulieren will". Gleichzeitig geht es den Karawanisten um die inhaltliche Vermittlung der Themen, die damit in Zusammenhang stehen: Abschottungspolitik, ausufernder Neoliberalismus, Globalisierungsproblematiken - Themen also, die an all diesen Orten sichtbar werden.Die Frage, die es demnach zu bearbeiten gilt, lautet: "Was kann Theater, Theater als Widerstand, Theater als Eingriff in den öffentlichen Raum?", so die Karawanen-Aktivistin Gini Müller.
In diesem Sinne entwickelt die VolxTheaterKarawane einen Gegenentwurf zum institutionalisierten Theater, auch wenn die "klassischen" Produktionen der "Urzelle" der Karawane, des Volxtheaters Favoriten, - etwa die Dreigroschenoper 1994 und Heiner Müllers Auftrag 1997 - laut Tina Leisch ihresgleichen suchen und es derweilen noch nicht gefunden hätten.
Darüber hinaus stellten die Aktivitäten der Karawane - in Salzburg, Slowenien und Genua (den Stationen ihrer NoBorder-Tour) - laut Eigendefinition aber auch einen Versuch dar, theatrale Strategien des Eingriffs, der Provokation und des Angriffs von Machtgebilden zu praktizieren. Und zwar im Rahmen eines - stets multimedial dokumentierten - "work in progress"-Prozess, der bewegen sollte, sich selbst bewegt und bewegt wird.Günther Hopfgartner