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Vielfalt braucht das Land

Seit 1998 senden Freie Radios in Oberösterreich. Sie bieten damit nicht nur Hunderten Menschen die Gelegenheit selbst auf Sendung zu gehen, sondern versorgen Zehntausende Menschen mit alternativen Informationen, Meinungen, Kunst- und Kulturinhalten und einer Fülle an Sendungen in unterschiedlichen Sprachen.

Vier von zehn in OÖ zugelassene Privatradios sind Freie Radios. DorfTV ist neben LT1 der einzige überregionale TV-Sender. 50% der oberösterreichischen Haushalte empfangen mindestens ein Freies Radio und 70% DorfTV. Um das zu gewährleisten betreiben die Freien Medien 13 Sendeanlagen in OÖ. Vor allem die drei Radios außerhalb des Zentralraums tragen durch ihre Arbeit wesentlich zur Regionalentwicklung und zum regionalen Dialog bei. Zeit für die oberösterreichische Politik, diesen neu entstandenen Mediensektor entsprechend anzuerkennen und finanziell auszustatten.

Ergänzung des oberösterreichischen Medienangebots durch die freien Medien
In einer 2011 von der Johannes-Kepler-Universität durchgeführten Studie gab jedeR Zweite an, im Programm von ORF und kommerziellen Rundfunkanbietern „unabhängige, kritische Berichterstattung zu sozialen, politischen und kulturellen Themen“ sehr oder teilweise zu vermissen.¹ Mangelnde Meinungsvielfalt und mangelnde Behandlung lokaler und regionaler Themen werden in dieser Studie als weitere Mankos angeführt. Genau hier liegen die Stärken Freier Medien!

Leistungen der Freien Medien
Derzeit gestalten etwa 950 Menschen in Bad Ischl, Freistadt, Kirchdorf an der Krems und Linz rund 400 Sendungen. Dazu befähigt werden sie in zahlreichen Ausbildungsmaßnahmen. Etwa 800 Menschen besuchen jährlich Aus- und Fortbildungsmaßnahmen der Freien Radios und von DorfTV. Insgesamt werden in einem Jahr mehr als 2000 Ausbildungsstunden abgehalten. Neben den Sendungen im Offenen Zugang werden zudem in eigenen Redaktionen Beiträge auf hohem journalistischen Niveau produziert, wie zahlreiche Auszeichnungen belegen. So werden an einem durchschnittlichem Tag von den 4 Freien Radios und DorfTV 29 Stunden „frisches“ moderiertes Programm (ohne Playlists, Wiederholungen oder Jingles) gestaltet. 365 Tage im Jahr. Vor allem im Zeitkulturbereich sind die „Freien“ ungeschlagen. Während etwa dem ORF das aktuelle Festival der Regionen nur einige Sendeminuten wert ist, gestalten das Freie Radio Salzkammergut und DortTV 10 Tage lang Sendungen im Gesamtumfang von mehr als 40 Stunden.

Ungleiche Leistungsabgeltung
Die Medientransparenzdatenbank der Medienbehörde KommAustria weist für 2014 allein für das Land Oberöstereich an Inseraten und Medienkooperationen rund 3,4 Millionen Euro aus. Hinzu kommen die Einschaltungen der öffentlichen Unternehmen, Gemeinden, Kammern usw. Allein die „big player“ – Wirtschaftskammer OÖ, Linz AG, Energie AG und Arbeiterkammer OÖ – haben 2014 mehr als 5,2 Millionen Euro offiziell für Einschaltungen in ORF, Privatsendern und Zeitungen investiert.² Demgegenüber macht sich der Betrag, den das Land Oberösterreich für Freie Medienarbeit ausgibt, nicht nur bescheiden, sondern verschwindend aus. Die Freie Medienarbeit ist den Verantwortlichen gerade einmal 180.000 Euro wert. Und das obwohl diese Förderhöhe 2007 für drei Freie Radios gedacht war und mittlerweile ein weiteres Radio und mit DorfTV auch ein Communityfernsehen hinzugekommen sind. Die konstruktive Entwicklung, die die Freien Rundfunkveranstalter in den letzten Jahren genommen haben, ist, neben dem ungebrochenen Engagement von Hunderten Ehrenamtlichen, vor allem der Förderung durch den Fonds der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) zuzuschreiben.

Demokratie braucht breite Medienlandschaft
Die von vielen Menschen als unzureichend empfundene Medienlandschaft in Oberösterreich erfährt in den Freien Medien eine wesentliche Bereicherung. Daher ist auch das Land Oberösterreich aufgefordert, auf das Wachstum und die steigende Qualität dieses Sektors entsprechend zu reagieren und die Förderhöhe den tatsächlichen Leistungen und der tatsächlichen Anzahl freier Medienprojekte anzupassen.

Nach Statistik Austria ist der Verbraucherpreis-Index seit 2007 um rund 20% gestiegen. Um dem damaligen Förderwillen auch weiter zu entsprechen, muss der Fördertopf für die drei Freien Radios, für die er eingerichtet wurde, auf 210.000 Euro aufgestockt werden. Eine durchschnittliche Förderung von 70.000 Euro pro Projekt. Bei derzeit 5 Projekten ergibt dies eine notwendige Gesamtförderhöhe von 350.000 Euro. Dieser Betrag beinhaltet keinen Cent an Erhöhungen, sondern stellt alleine den erklärten Förderwillen von 2007 wieder her. Aufgrund der angespannten Budgetsituation auch in Oberösterreich und angesichts der einschneidenden Kürzungen in anderen Bereichen sind die Freien Medien gewillt, sich bis zur Besserung der Situation mit dieser Anpassung zu bescheiden.

 

¹ Mört, Ingo et alia: Der dritte Mediensektor in Oberösterreich – Eine Reichweiten- und Potenzialanalyse Freier Radios & TV-Sender, Linz 2011, S. 18

² 4,75 Millionen € für die Oberösterreichischen Nachrichten; 1,6 Millionen € für Life Radio; 900.000 € für LT1 und 830.000 € für die ÖVP Parteizeitung „Neues Volksblatt“

Zuletzt geändert am 04.09.17, 16:14 Uhr

Verfasst von Dorota Trepczyk

Gebürtige Polin, Absolventin der Slavistik an der Uni Salzburg.

Ab 2007 freie Mitarbeiterin des Radio FRO, zuerst als Gründerin und Moderatorin des Polnischen Radios in Oberösterreich.
Im Jahre 2011 entscheidet sie sich, eine neue polnische Redaktion für Kultur und Unterhaltung PoloNews zu errichten. PoloNews-Sendungen sind ein fester Teil ihres Radiolebens.
Seit 2014 arbeitet sie als Programmkoordinatorin bei Radio FRO, und seit September 2017 ist sie Realisatorin und Moderatorin des Radiomagazins Frozine. Da ihr Herz in großem Teil immer noch nach polnischem Tempo schlägt, beschäftigt sie sich in Frozine mit den Themen aus Polen und Ostmitteleuropa.

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  • Christian Aichmayr
    11. September 2015 / 15:01